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Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz – Neue Pflichten für Websites in Österreich

Lesezeit: 5 Minuten

Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz – Neue Pflichten für Websites in Österreich

In einer zunehmend digitalisierten Welt sind Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit von zentraler Bedeutung. Für viele Menschen mit Behinderungen ist das Internet jedoch nach wie vor ein verschlossener Schatz. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zielt darauf ab, diese Barrieren zu überwinden und sicherzustellen, dass alle Menschen unabhängig von ihren Fähigkeiten uneingeschränkt am digitalen Leben teilhaben können. In diesem Beitrag beleuchten wir die Hintergründe, Anforderungen und Auswirkungen des BFSG in Österreich.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wurde in Österreich eingeführt, um die EU-Richtlinie 2019/882, auch bekannt als European Accessibility Act, in nationales Recht umzusetzen. Ziel des Gesetzes ist es, digitale Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zugänglicher zu machen. Obwohl der Name des Gesetzes etwas trocken und bürokratisch klingt, hat es eine bedeutende Mission: die digitale Welt für alle zugänglich und nutzbar zu gestalten.

Warum ist Barrierefreiheit im digitalen Zeitalter wichtig?

Barrierefreiheit bedeutet, dass digitale Inhalte und Dienste so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen unabhängig von körperlichen oder geistigen Einschränkungen genutzt werden können. Dies betrifft insbesondere Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Durch die Schaffung barrierefreier digitaler Angebote wird die soziale Inklusion gefördert und Menschen mit Behinderungen ermöglicht, unabhängig und selbstbestimmt am digitalen Leben teilzunehmen. Dies ist ein wichtiger Schritt zu einer inklusiveren Gesellschaft, in der alle Menschen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Dienstleistungen haben.

Wer profitiert von einer barrierefreien Website?

Ein barrierefreier Webauftritt ist für eine breite Zielgruppe relevant. In Österreich leben laut Statistik Austria etwa 10% der Bevölkerung mit einer Behinderung. Dazu gehören Menschen mit visuellen, auditiven, motorischen oder kognitiven Einschränkungen. Diese Zahl berücksichtigt nur dauerhafte Behinderungen. Wenn auch temporäre oder situative Behinderungen einbezogen werden, wie beispielsweise ein gebrochener Arm oder laute Umgebungen, ist die Zahl der betroffenen Personen noch höher.

barrierefreies webdesign

Vorteile der Barrierefreiheit für Unternehmen

  • Erweiterung der Zielgruppe: Durch barrierefreie Websites können Unternehmen eine größere Anzahl von Nutzern erreichen, einschließlich Menschen mit Behinderungen.
  • Verbesserung der Nutzererfahrung: Barrierefreie Websites sind in der Regel benutzerfreundlicher und bieten eine bessere Nutzererfahrung für alle Besucher.
  • Rechtliche Konformität: Durch die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben vermeiden Unternehmen rechtliche Konsequenzen.
  • Image und Reputation: Unternehmen, die Barrierefreiheit ernst nehmen, verbessern ihr Image und zeigen soziales Verantwortungsbewusstsein.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Rechtliche Grundlagen und Fristen

Das BFSG verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Angebote bis zum 28. Juni 2025 barrierefrei zu gestalten. Dies betrifft insbesondere Websites und mobile Anwendungen, die den internationalen Standards der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2 entsprechen müssen. Diese Richtlinien stellen sicher, dass digitale Inhalte und Dienstleistungen für alle Nutzer zugänglich sind, unabhängig von deren individuellen Voraussetzungen und Einschränkungen.

Wichtige Anforderungen des BFSG

  • Einhaltung der WCAG 2.2: Websites und mobile Anwendungen müssen die Barrierefreiheitskriterien der WCAG 2.2 auf den Leveln A und AA erfüllen.
  • Technische Dokumentation: Unternehmen müssen eine technische Dokumentation erstellen, die die Einhaltung der Anforderungen nachweist.
  • Konformitätsbewertungsverfahren: Produkte und Dienstleistungen müssen einem Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen werden, um sicherzustellen, dass sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Anwendungsbereich des BFSG

Welche Unternehmen sind betroffen?

Das BFSG betrifft viele Unternehmen, vor allem solche, die digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten. Zu den betroffenen Branchen gehören:

  • Banken und Finanzdienstleister: Diese müssen sicherstellen, dass ihre Online-Banking-Dienste und andere digitale Angebote barrierefrei sind.
  • E-Commerce: Online-Shops und Plattformen, die Waren und Dienstleistungen an Verbraucher verkaufen, sind ebenfalls betroffen.
  • Telekommunikationsanbieter: Unternehmen, die Internet- und Telefondienste anbieten, müssen ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten.
  • Transportdienstleister: Luft-, Bus-, Schienen- und Schiffsverkehrsdienste, die Online-Buchungen anbieten, müssen die Barrierefreiheit sicherstellen.
  • Dienstleistungsportale: Websites, die Terminbuchungen für Hotels, Reisebüros und andere Dienstleistungen ermöglichen, fallen ebenfalls unter die Regelungen.

Definition von Dienstleistungen und Produkten unter dem BFSG

Das BFSG umfasst eine breite Palette von digitalen Produkten und Dienstleistungen, die spezifischen Barrierefreiheitsanforderungen unterliegen. Dazu zählen:

  • Digitale Produkte: Geräte wie Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones und internetfähige Fernseher müssen barrierefrei gestaltet sein.
  • Websites und mobile Anwendungen: Alle digitalen Schnittstellen, die von Unternehmen angeboten werden, müssen den Barrierefreiheitsstandards entsprechen.
  • Selbstbedienungsterminals: Automaten und Terminals, die von Kunden genutzt werden, müssen ebenfalls barrierefrei sein.
  • Telekommunikationsdienste: Internet- und Telefondienste müssen ihre Plattformen und Anwendungen für alle Nutzer zugänglich machen.

Ausnahmen und Übergangsregelungen

Im BFSG sind bestimmte Ausnahmen und Übergangsregelungen vorgesehen:

  • Kleinunternehmen: Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro sind von den BFSG-Anforderungen ausgenommen.
  • Übergangsregelungen: Dienstleistungen, die nur mithilfe bestimmter Produkte erbracht werden können, dürfen bis zum 27. Juni 2030 weiter betrieben werden. Terminals, die nicht barrierefrei sind, dürfen bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, jedoch höchstens bis 2040, in Betrieb bleiben.

Fazit

Typische Probleme bei nicht barrierefreien Websites

Viele Menschen mit körperlichen und kognitiven Einschränkungen stoßen bei der Nutzung nicht barrierefreier Websites auf erhebliche Schwierigkeiten:

  • Unlesbare Schriften: Kleine oder nicht skalierbare Schriften sind für sehbehinderte Nutzer schwer zu lesen.
  • Fehlende Bildbeschreibungen: Ohne Alternativtexte können sehbehinderte Nutzer die Inhalte von Schaltflächen und Grafiken nicht erfassen.
  • Keine Untertitel: Videos ohne Untertitel sind für hörgeschädigte Menschen nicht zugänglich.
  • Komplexe Navigation: Unübersichtliche Navigationsstrukturen sind für Screenreader schwer zu interpretieren.
  • Schlechte Farbkontraste: Niedrige Kontraste erschweren es sehgeschädigten Personen, Inhalte zu erkennen.
  • Schwieriger Text: Fachbegriffe und komplizierte Texte sind für viele Menschen schwer verständlich.
  • Eingeschränkte Tastaturbedienung: Menschen, die auf Tastaturnavigation angewiesen sind, können oft nicht alle Funktionen nutzen.

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Die WCAG bieten umfassende Richtlinien zur Gestaltung barrierefreier Websites. Es gibt drei Konformitätsstufen: A, AA und AAA. Jede Stufe hat spezifische Anforderungen, die zunehmend schwieriger zu erfüllen sind. Diese Richtlinien zielen darauf ab, die Benutzerfreundlichkeit für Menschen mit Behinderungen zu verbessern und eine inklusive digitale Umgebung zu schaffen.

Praktische Umsetzung der Barrierefreiheit

Um die beschriebenen Herausforderungen zu bewältigen, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die Unternehmen bereits jetzt umsetzen können:

  • Lesbare Schriftarten: Wählen Sie Schriftarten und Größen, die gut lesbar sind und ausreichend Kontrast zum Hintergrund bieten.
  • Vergrößerbare Schrift: Stellen Sie sicher, dass Texte vergrößert werden können, ohne dass die Benutzerfreundlichkeit der Website leidet.
  • Untertitel und Bildbeschreibungen: Fügen Sie Untertitel zu Videos und Alternativtexte zu Bildern hinzu.
  • Strukturierte Navigation: Gestalten Sie die Navigation so, dass sie für Screenreader leicht interpretierbar ist.
  • Einfacher Text: Verwenden Sie klare und verständliche Sprache und vermeiden Sie Fachjargon.
  • Tastaturzugänglichkeit: Stellen Sie sicher, dass alle interaktiven Elemente per Tastatur bedienbar sind.

Unterstützung durch Tools und Ressourcen

Zur Umsetzung von Barrierefreiheit gibt es eine Vielzahl von Hilfsmitteln und Ressourcen:

  • WAVE (Web Accessibility Evaluation Tool): Ein kostenloses Werkzeug zur Bewertung der Barrierefreiheit von Websites.
  • Color Contrast Checker: Dieses Tool überprüft den Kontrast zwischen Text und Hintergrund.
  • Screenreader-Software: Programme wie JAWS oder NVDA helfen Entwicklern, ihre Websites aus der Perspektive sehbehinderter Nutzer zu testen.
  • Richtlinien und Standards: Plattformen wie W3C bieten umfassende Leitfäden und Dokumentationen zur Barrierefreiheit.

Bedeutung der Barrierefreiheit

Das BFSG trägt maßgeblich zur Verbesserung der digitalen Teilhabe bei. Es stellt klare rechtliche Rahmenbedingungen auf und fördert die Umsetzung international anerkannter Standards zur Barrierefreiheit. Unternehmen sollten die verbleibende Zeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes nutzen, um ihre digitalen Angebote anzupassen. Dies trägt nicht nur zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen bei, sondern ist auch ein bedeutender Beitrag zur sozialen Inklusion.

Die Einführung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes wird die Online-Branche nachhaltig beeinflussen und Veränderungen hervorrufen. Unternehmen, die die Barrierefreiheitsstandards erfolgreich umsetzen, werden ihre Reichweite vergrößern und ihre Marktposition stärken. Zufriedene Nutzer und treue Besucher sind die Belohnung für die Bemühungen.

Die Standards und Anforderungen entwickeln sich kontinuierlich weiter, und die Web Content Accessibility Guidelines werden regelmäßig aktualisiert, um den neuesten Technologien und Bedürfnissen gerecht zu werden. Beispielsweise könnten zukünftige Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens automatische Übersetzungen und Beschreibungen für visuelle Inhalte ermöglichen.

Unternehmen, die ihre digitalen Angebote nicht barrierefrei gestalten, riskieren Aufforderungen zur Anpassung, Bußgelder oder im schlimmsten Fall sogar die Einstellung ihres Online-Geschäfts.

Das BFSG ist ein bedeutender Schritt in Richtung einer inklusiveren digitalen Welt. Bis Juni 2025 müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre digitalen Angebote barrierefrei sind. Durch rechtzeitige Planung, Schulungen und Tests können Unternehmen die Anforderungen erfolgreich umsetzen.

Barrierefreiheit fördert die soziale Inklusion und ermöglicht Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Leben.

Über A. Bazina – Blog-Autor von bitSTUDIOS KG

Technologie-Enthusiast mit 15 Jahren IT-Erfahrung. Spezialisiert auf Webdesign, -entwicklung, SEO, Grafik und Animation. Gründer von bitSTUDIOS KG.

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Aiman Bazina
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